Parkgeflüster (UA frei)

SozioSatire
(4w, 3m – Mindestbesetzung / 1 Deko + Video / ca. 90 Min.)

Natascha ist Ex-Journalistin und hat einen Traum: Sie will ein spannendes Buch, ein großes Drehbuch schreiben oder einen tollen Film machen – über Menschen, die zwischen der modernen voll technisierten und erfolgreichen Hochglanzwelt und der trostlosen realen Welt der gerade am Existenzminimum dahinschlitternden Mehrheitswelt aufgerieben werden. Menschen, die auf der Straße leben. Natascha will aufrütteln, Schattenwesen sichtbar machen – ihr Schicksal, ihre Wünsche, ihre Träume und ihr reales Dasein. Doch ganz schnell findet sie sich selbst genau da wieder. Obdachlos, ohne Geld, ohne Versicherung, ohne Familie – völlig allein, ohne Perspektive und vom reinen Überlebenskampf dazu getrieben, sich das Nötigste zusammen zu suchen - aus Müllcontainern, Straßenabfall, Resten in Gaststätten. 
Wie konnte das passieren? 
Natascha war eine erfolgreiche Journalistin, bis sie über die falschen Leute kritisch berichtet hat. Sie flog aus dem Sender und bald darauf auch aus ihrem Privatleben. Ihr Mann erfuhr von ihrer Affäre mit Peter, einem Kollegen, und warf sie aus dem gemeinsamen Haus. Als freie Journalistin war sie nicht versichert, hatte keinerlei Anspruch auf Arbeitslosengeld – und was bisher niemand bemerkt, schon gar nicht sie selbst: psychisch ausgelaugt von der rastlosen Medienarbeit. 
Da im Umfeld alle Medien zum selben Konzern gehörten, bekam sie nirgends mehr Arbeit. Als Freunde blieben ihr nur mehr ein paar Obdachlose, mit denen sie nun ihr Schicksal teilte. Sie versank in eine tiefe Depression.
Das alles erfährt man nach und nach, wenn sich Leute auf der Straße über Natascha unterhalten und per Videoeinspielung ohne Ton (eventuell mit Musik unterlegt). 
Natascha beginnt ungewollt eine neue Karriere: Eingehüllt in das einzig Wertvolle das sie besitzt – den Pelz ihrer Oma – vagabundiert sie durch die Einkaufsstraßen auf der Suche nach Brauchbarem in den Müllkübeln. Erstaunlich, was sie alles findet: Halb volle Parfümflaschen, Hochglanzmagazine, Wurstsemmeln, Obst und Gemüse, Pralinen, Blumensträuße ... – nur kein Haarshampoo. Darüber ärgert sie sich. Nichts hat sie früher mehr geliebt, als ihre frisch gewaschenen Haare. 
Sie fällt auf. Sie wird schnell zu einem Stadtbild prägenden Original. Hin und wieder erkennt sie ein ehemaliger Interviewpartner und steckt ihr ein bisschen Geld zu, lädt sie zu einem Kaffee ein. Manche spricht auch sie selbst an, die aber erschrocken die Bekanntschaft mit ihr leugnen. Eine Kellnerin im Cafe neben dem Park, in dem sich Natascha hauptsächlich aufhält, versorgt Natascha täglich mit Frühstück. Dort trifft sie auf Peter, ihren Ex-Kollegen und Ex-Lover. Er will ihr helfen, doch sie lehnt brüsk ab, ist er doch, ihrer Meinung nach, mit Schuld an ihrer Situation.
Eines Tages findet sie ein Notebook. Es funktioniert. Zuerst durchstöbert sie die fremden Daten, besinnt sich aber und fängt an wild zu tippen bis der Akku leer ist. Panik. Sie spürt wieder ihre Lebensgeister erwachen. Es wird ihr wieder etwas wichtig. Sie will ihre Story zu Ende schreiben. Nun gilt es wieder Kontakt mit „der Welt“ aufzunehmen. Sie muss jemanden dazu bringen, dass er ihr einen Netzstecker gibt. Damit sie das Notebook wieder aufladen kann. Peter! Als er wirklich ein Netzteil besorgt, nimmt Natascha ihre Arbeit an ihrem Buch wieder auf – im Straßencafe sitzend. Die Gäste im Cafe beschweren sich über sie, doch die Kellnerin lässt sie gewähren, nimmt sie in Schutz. Natascha entdeckt in den gespeicherten Dateien am Laptop heiße Informationen, die das bestätigen, was sie einst berichtet hatte und warum sie entlassen worden war. Kurz überlegt sie sich, um ihren Job zu kämpfen oder die Verantwortlichen zu erpressen und so wieder zu Geld zu kommen. 
Sie entscheidet sich dagegen, will nur ihr Buch schreiben, nach vorne sehen. Aber Rache will sie doch und so übergibt sie die Daten an einen Kollegen per E-Mail. 
Peter bleibt hartnäckig und will immer noch helfen. Er entdeckt, woran Natascha so intensiv arbeitet und ködert sie mit seinem Interesse an ihrem Buch und damit, es seinem Bruder, einem Verleger zu zeigen. Natascha geht darauf ein. Am nächsten Morgen kommt Natascha aus der öffentlichen Toilette, die Haare ordentlich frisiert, eine neue elegante Handtasche über die Schulter geworfen und die Aktentasche mit dem Laptop unter dem Arm. Sie sieht fast „normal“ aus, wenn nicht alle anderen Passanten sommerlich gekleidet wären. Sie setzt sich an ihren Stammplatz im Café und wartet. Im Cafe wird wieder über sie gelästert. Ihre „Gepflegtheit“ fällt auf. Peter kommt mit seinem Bruder, der so tut, als bemerke er Nataschas deplaziertes Outfit nicht. Sie fühlt sich wohl, blüht auf und ist kooperativ. Sollte das Projekt ein Geschäft werden, will Natascha das Geld in eine Stiftung fließen lassen, deren Aufgabe es sein soll, sich um Menschen zu kümmern, die aus dem brutalen Wirtschaftssystem gefallen waren. Ein eigener, menschlicher und respektvoller Lebensraum soll wachsen.

Personen: 4w/ 3m (Mindestbesetzung)
Hauptrollen: 2 w / 1 m
Nebenrollen: 2w / 2m (multipersonell eingesetzt)
Bühne: 
Einkaufsstraße/Park mit Cafe; Video-Wand 
Zusätzliche Technik:
Videos 
Dauer: ca. 80 Minuten

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